Angelina Maccarone und Anne Döring erhalten die zweiten Lübecker Drehbuchstipendien
Angelina Maccarone und Anne Döring © Hanna Lenz
Lübeck, 6. November 2024. Die beiden Gewinnerinnen des zum zweiten Male vergebenen Lübecker Drehbuchstipendiums der Nordischen Filmtage Lübeck stehen fest. Verkündet wurden sie im Rahmen der feierlichen Eröffnung der 66. Nordischen Filmtage Lübeck (6.-10. November 2024). Das Stipendium für eine:n renommierte:n Autor:in mit einem neuen Kinoprojekt geht an Angelina Maccarone für ihren Stoff BACK TO SCHARBEUTZ. Das zweite Stipendium für eine:n Autor:in mit biografischem Bezug zu Lübeck für eine in Format und Plattform offene, visuelle Erzählung erhält Anne Döring für ihr dokumentarisches Film- und Ausstellungsprojekt DREI FARBEN ZEIT.
Die Jury – bestehend aus Barbara Häbe, stellv. Hauptabteilungsleiterin Spielfilm/Fernsehfilm bei ARTE, der Vorjahresstipendiatin Annika Pinske und Anna Hoffmann, Programmmanagerin beim Berlinale Forum – wählte die beiden Stipendiatinnen aus insgesamt fast 90 Einreichungen aus.
„Angelina Maccarone und Anne Döring haben die Jury mit ihren Projekten überzeugt. Wir gratulieren den beiden Stipendiatinnen und heißen sie herzlich bei den 66. Nordischen Filmtagen und in Lübeck willkommen“, kommentiert Susanne Kasimir, Geschäftsführerin der Nordischen Filmtage, die Auswahl. Der künstlerische Leiter Thomas Hailer ergänzt: „Jetzt freuen wir uns auf die Entwicklung der Stoffe hier in Lübeck und den Austausch dazu mit der Lübecker Stadtgesellschaft.“ Im Stipendienzeitraum werden die Stipendiatinnen von Martin Rehbock begleitet, dem Projektleiter des Lübecker Drehbuchstipendiums.
Angelina Maccarone wurde mit Fernsehfilmen wie „Kommt Mausi raus?“, „Alles wird gut“ oder „Babylon aka Ein Engel schlägt zurück“ bekannt. Mit ihrem ersten Kinofilm „Fremde Haut“ gewann sie 2005 den Hessischen Filmpreis. 2006 wurde „Verfolgt“ in Locarno mit dem Goldenen Leoparden ausgezeichnet. Auch „Vivere“ erfuhr internationale Beachtung und gewann u.a. den Artistic Achievement Award auf dem Outfest in Los Angeles. 2011 feierte ihr Dokumentarfilm „The Look“ über die Schauspielerin Charlotte Rampling auf dem Filmfestival in Cannes Premiere und wurde 2012 für den Deutschen Filmpreis nominiert. Ihr Drehbuch zu ihrem Kinofilm „Klandestin“ erhielt bereits 2017 die Lola für das beste unverfilmte Drehbuch; der Film hatte schließlich im Juli 2024 Premiere auf dem Filmfest München. Seit Oktober 2014 ist Angelina Maccarone Professorin für Regie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf.
Angelina Maccarones Projekt BACK TO SCHARBEUTZ erzählt als Komödie der leisen Töne die Geschichte der 53-jährigen Su, die gleich nach dem Abitur Scharbeutz und die Lübecker Bucht fluchtartig verlassen hat, nach New York, um Filme zu machen. Dort dreht sie Kochshows, die ihre Partnerin Leslie produziert. Der Tod ihres Vaters lässt Su zurückkehren in die alte Heimat, wo sie bei ihrer Mutter Regina unterkommt. Sofort geraten die beiden wieder aneinander. Doch als sich herausstellt, dass ihre Mutter nicht mehr alleine klarkommt und Leslie sich in einem Zoomcall von ihr trennt, entscheidet Su erstmal zu bleiben… „Mit feinem Humor und schmerzlichen Wahrheiten“, so die Begründung der Jury, „trifft Gegenwart auf Vergangenes und legt die Widersprüche unserer Zeit offen. Ein Film für die große Leinwand.“
Anne Döring hat nach einer Tätigkeit als Regie-Assistentin (u.a. am Theater Hebbel am Ufer in Berlin oder auf Kampnagel in Hamburg) Philosophie sowie Medien- und Literaturwissenschaft an der Universität Kiel studiert. Dort war sie von 2015 bis 2022 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Philosophischen Seminar tätig. An diversen Hochschulen (u.a. der Hochschule für bildende Künste Hamburg) unterrichtet sie (visuelles) Schreiben. Seit 2018 arbeitet sie als freie Autorin, Drehbuchautorin und Dramaturgin. 2020 präsentierte sie den Kurzfilm „Infloresence“ auf der 70. Berlinale. Ihr Film „First Time [The Time for All but Sunset – VIOLET]“ erhielt eine lobende Erwähnung in Locarno und wurde beim Deutschen Kurzfilmpreis ausgezeichnet.
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DREI FARBEN ZEIT reflektiert das transgenerationale deutsche Kriegstrauma seit 1945 durch die Erinnerungen und Objekte dreier Generationen Lübecker Frauen. Ausgehend von der eigenen Beunruhigung verknüpft die Autorin, selbst der Enkelgeneration angehörend, persönliche Geschichten, historische Dokumente und Expertinnenwissen zu Trauma, um neue Verbindungen sichtbar zu machen und aktuelle Bezüge zu Flucht, Verlust und Zerstörung herzustellen. Eine poetische visuelle Form, für die modellhaft das sogenannte „Kaiserpanorama“ steht, eine kinematographische Frühform, die einzelne Szenen durch ein Sichtfenster in einer Art rundlaufendem Bilderkarussell sichtbar macht. Die Jury befand: „Mit visueller und poetischer Tiefe in einer intelligenten Installation nimmt uns die Autorin mit auf eine Reise in die Vergangenheit, die uns neugierig macht.“
Ausgelegt auf einen Zeitraum von zunächst drei Jahren werden die Stipendien von der Possehl-Stiftung gefördert und sind mit einem Preisgeld in Höhe von jeweils € 35.000 verbunden. Die Stipendiat:innen erhalten zusätzlich – ebenfalls durch die Possehl-Stiftung gefördert – individuelle Projektbegleitung, z.B. in Form dramaturgischer Beratung sowie Residenz-, Recherche- und Netzwerkmöglichkeiten in Lübeck und bei den Nordischen Filmtagen Lübeck. Gastgeber:innen der Stipendiat:innen sind die Nordischen Filmtage Lübeck in Kooperation mit dem Kommunalen Kino Koki e.V., dem Kulturverein Waldzimmer e.V. und der Stadtbibliothek der Hansestadt. Eine Besonderheit des Lübecker Drehbuchstipendiums ist der offene Austausch mit der Stadtgesellschaft. Alle Interessierten können bei Werkstattgesprächen, kuratierten Filmprogrammen und Drehbuchlesungen unmittelbar am Entstehungsprozess teilhaben. Zudem werden die Stipendiat:innen mit lokalen Kulturakteur:innen und Filmschaffenden vernetzt.