Kristoffer Metcalfe, der Regisseur von Amors Bälle, sitzt uns gegenüber. Er hat sich extra für uns Zeit genommen. Nun können wir endlich loslegen. Aber auf einmal weiß ich nicht mehr wo ich anfangen soll, denn ich habe so viele Fragen an ihn. Also bitten wir ihn, dass er einfach anfangen solle zu erzählen. „Ok, ich werde es versuchen“, meint er schmunzelnd.
Eigentlich sollte dieser Film ganz anders werden. Ursprünglich ging es darum, die Nöte und Probleme im Teenie-Alter darzustellen. Es sollte schon etwas mit einem Turnier werden, das war sicher. Doch mir war schlichtweg unklar, warum man diese Zeit immer als so schwer darstellen muss. Klar für mich war es in dem Alter auch chaotisch und manchmal nicht so ganz leicht, aber ich war nicht irgendwie ‘traumatisiert‘. Wenn mich jemand fragen würde, ob ich zu der Zeit noch einmal zurückkehren wolle, würde ich das jederzeit tun wollen! (er lacht).
Daraufhin müssen wir natürlich weiter nachbohren, ob auch er so wie Lucas gewesen ist. Er sei in der Zeit eher politisch engagiert gewesen als sportlich. "Und das auch nur, weil es dort ein Mädchen gab, das mir gefiel“, fügt Metcalfe grinsend hinzu.
Auf jeden Fall saßen der Co-Produzent und ich an einem Abend zusammen vor dem Fernseher und dachten: ‚Wenn es schon so schlechte Nachrichten auf der Welt gibt, könnten wir wenigstens einen leichten und lustigen Film machen.’ Wir dachten an unsere Zeit zurück, und so geschah es, dass ich diesem Film die Struktur, einige Elemente und Klischees der 90er verpasste.
Und die Schauspielerauswahl war auch nicht so schwer.
Ich habe nicht die Schauspieler an den Rollen angepasst, sonder die Rolle an den Schauspielern orientiert. Alle sind Amateure, und die meisten sind in Wirklichkeit auch so, wie sie sich im Film geben. Z.B. hatte Kare (Lucas) nie zuvor einen Kuss gehabt. Oder Isak (Petter) ist wirklich ein grandioser Fußballspieler. Doch Eira (Susanne) hasst Fußball über alles. Sie hat sogar Angst vor dem Ball. Dies ist der Grund, warum wir sie als Torwart einsetzen mussten. Sie dazu zu bringen, mit dem Ball einigermaßen authentisch umzugehen, war manchmal eine Herausforderung für uns. Eigentlich hatten wir auch eine viel längere Geschichte, was Mädchenfußball anging, aber, wie gesagt, wir mussten vieles heraus kürzen.
Ach so, was noch ganz interessant für euch wäre, dass wir eigentlich gar kein richtiges Drehbuch hatten. Die Schauspieler wussten ungefähr worum es gehen sollte, also haben sie oft spontan Dialoge entwickelt. Klar, manchmal musste ich dazwischen kommen und denen einen Leitfaden geben. Aber sonst wollte ich die Dialoge so natürlich wie möglich haben. Aus diesem Grund hatten wir auch einen der besten Kameramänner im ganz Norden. Harald hatte die Aufgabe, den Schauspielern zu folgen. Da ja die Dialoge nicht hundertprozentig festgelegt worden waren, war dies teilweise eine echte schwere Aufgabe.“
Er trinkt wieder Kaffe aus seiner weißen Tasse und schaut uns mit braunen, erwartungsvollen Augen an. Sie haben ja vor diesem Film schon ein paar Filme gemacht. Aber dies war Ihr erster Spielfilm. Was haben Sie dazu gelernt? Und was stellte Sie vor Herausforderungen? Metcalfe dreht nachdenklich die Tasse in seiner Hand.
Hmm... Auf jeden Fall lernt man schnell, dass mit einer großen Gruppe von Leuten am Set zu arbeiten. Denen ist egal, wie dein Film wird. Die machen dort einfach nur ihren Job, denn sie sind alle ein Teil der Filmindustrie. Man muss sich auch darum kümmern, dass man das Budget im Gleichgewicht hält. „Amors Bälle“ war ein Low-Budget-Film. Da muss man als Regisseur mal den Strengen und Harten spielen, wie beim Militär und manchmal den Verständnisvollen und Sanften. Also auch als Regisseur ist man auf gewisse Art ein Schauspieler. Man muss die Leute bei Laune halten, um ein ordentliches Ergebnis erzielen zu können. Die meiste Zeit haben wir am Set sowieso gelacht, aber in der Swimmingpool-Szene zum Beispiel waren es gerade mal 2°C. Und Eira (Susanne) war kurz vor dem Aufgeben. Wir hatten den Poolbesitzer zwar für das Aufheizen bezahlt, aber irgendwie hat das nicht geklappt. In der Szene musste sie ja lachend Spaß haben. Also habe ich ihr erzählt, sie solle sich vorstellen, dass Harald nackt, nur mit Windel hinter der Kamera stehen würde. Und da musste sie, oder besser gesagt alle am Set, so was von anfangen zu lachen. Außer Harald natürlich. Der fand das etwas weniger amüsierend, glaube ich. Ein Problem stellte auch die Szenen, wo die Hauptdarsteller herummachen mussten. Gerade bei der letzten Szene war es nicht gerade leicht, da Kare noch nie geküsst hatte - wobei dies für ihn eine neue schöne Erfahrung gewesen wäre, hätte Eira kein Schnupfen gehabt. Und so war es halt, dass Kare seinen ersten Kuss von einem verschnupften, aber wunderschönem Mädchen vor der schönen Kulisse Oslos bekam.
"Wow deswegen wirkt der Film so authentisch!", rufen wir begeistert. Metcalfe zwinkert.
Wisst ihr, ich war zwei Wochen nach der Filmpremiere mal in einem Kino und - ich war der einzige über 17 oder so. Und ich habe genau das gesehen, was ich sehen wollte. Die Jugendlichen haben richtig mit dem Film kommuniziert. Man hat immer wieder Ausrufe wie 'Mach endlich, verdammt noch mal' gehört. Die haben das Geschehen nicht nur auf sich prasseln lassen, sondern waren in der Geschichte mit dabei. Gerade die schüchternen Jungs trauten sich nach und nach ihren Arm um das Mädchen nebenan zu legen. Natürlich gab es auch Momente, wo ich lautes Lachen und Klatschen erwartet hatte, aber nicht alle Witze kommen halt beim Zuschauer an. Aber im Großen und Ganzen bin ich echt zufrieden mit dem Ergebnis.