Die Vorhänge schließen sich. Prof. Voßwinkel, Frau Pabst und Altbischof Kohlwaage, die Gäste, treten auf die Bühne. Stille. Immer noch kein Klatschen. Obwohl ich darüber überrascht bin, weiß ich, dass dies kein Zeichen für Nichtgefallen ist. Im Gegenteil. Ich selbst muss schwer schlucken. Vor Knapp einer Stunde waren die meisten noch unwissend „einfach in einem interessanten und wahrscheinlich lehrreichen Dokumentarfilm gegangen.“ Doch jetzt spüre ich, dass das Filmerlebnis mehr als das war.
"Ich glaube, Sie werden Verständnis dafür haben, dass es mir sehr schwer fällt, nach so einem Film das Wort zu ergreifen. Aber andererseits freue ich mich natürlich sehr über so viel jugendliches Publikum", spricht Frau Pabst berührt ins Mikrofon. Jemand fragt, ob die katholische Kirche Pastor Stellbrink, trotz seines evangelischen Glaubens, als Märtyrer akzeptiert hat. "Sehr lange hatte man das Problem, ihn überhaupt als Märtyrer anzuerkennen. Dies lag nicht unbedingt an seinem evangelischen Glauben. Anfangs war er noch ein NSDAP-Sympathisant, 1934 jedoch wendete er sich gegen die Partei. Und eben diese Wende wurde ihm auch lange nach seinem Tod nicht abgenommen. Manche bezeichneten ihn sogar als 'Psychopathen'", erzählt Altbischof Kohlwaage mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck. Doch letzendlich, und dies sei ein historischer Verdienst der katholischen Kirche, sei auch Stellbrink als Märtyrer anerkannt worden. Ein sehr wichtiger Schritt, wie er finde. Denn der ökumenischer Verband habe es damit auch geschafft, die Distanz zwischen der evangelischen und katholischen Kirche zu verringern. Man könne sich das kaum vorstellen. Das seien zwei völlig verschiedene Welten gewesen.
„Sie mussten sich ja sicherlich durch eine Haufen von Dokumenten durch kämpfen. Wurde dies an machen Zeiten sehr schwer?“ fragt eine ältere Dame aus dem Publikum interessiert. „Naja da stecken acht Jahre Forschung drin, viel Geduld und Ausdauer. Man muss sich einfach überlegen, wo es Dokumente sein könnten und dann auf Verdacht nachbohren, das ist wichtig. Durch die Angewohnheit der Nationalsozialisten, alles akribisch genau festzuhalten, waren die Akten sehr sorgfältig im Zentralarchiv der DDR aufbewahrt worden“, erzählte Prof. Voßwinkel mit einem ironischen Lächeln.
Sogar bis in die Mitte der 90er Jahre hatten die Todesurteile der Geistlichen Bestand! Ein großes Versagen der deutschen Justizbehörde. Heike Hoffmann, ein Mitglied der Kirchenleitung, setzte sich daran und leitete ein sehr aufwändiges und bürokratisches Verfahren dagegen ein.
Als im Publikum die Frage gestellt wurde, ob die handelnden Täter später eine Strafe abgesessen haben, schockierte mich die Antwort: „Ja, die Täter sind bekannt geworden. Wie im Film schon genannt war Herr Düvel, der die Geistlichen verhörte und Protokolle aufnahm, auch nach dem Krieg noch in einer polizeilichen Dienstelle zu sehen. Andere wiederum waren im Nürnberger Prozess. Doch einer wurde 1951 begnadigt und lebte in Lübeck unter uns, mit einer schönen Rente während der 70er Jahre. Dr. Krone, der Richter, brachte sich und seine Familie nach dem Krieg um. All dies ist nun aus den Akten ersichtlich“, so Prof. Voßwinkel.
„Als letztes will ich Ihnen noch etwas ans Herz legen, falls sie vorhaben, Münster zu besuchen. Sehen sie sich das Grab des Bischof von Galen noch an“, sagt Altbischof Kohlwaage inbrünstig. Nachdem er in Rom zum Kardinal gesprochen worden war, wurde er in Neumünster seelig gesprochen. „Eine Leuchtende Gestalt in der Dunkelheit der Kirche. Er brach das Schweigen. Das ist sein größtes Verdienst.“ - „Es wurde einfach nicht geredet!“, fügte Frau Pabst hinzu.
„Die Kirche muss ein Amboss sein. Schlägen standhalten und verkraften können. Doch Kardinal von Galen selbst war ein Hammer. An ihn kam selbst Hitler nicht heran, denn er war von dem lebenden Schutzwall seiner Popularität umgeben. Solidarität. Dies ist ist das einzige, was überall und immer standhält.“