porträtiert von Jana Schwerdtfeger, 16
Ich sitze im Kommunalen Kino in Lübeck, wo ich mich mit Kyra zu einem Interview verabredet habe. Sie ist pünktlich – um 14.15 Uhr betritt sie den Raum. Auf den ersten Blick wirkt sie wegen ihres zurückhaltenden Kleidungsstils eher unauffällig, aber schon ihr Grübchen, das bei ihrem sympathischen Lächeln auf ihrer Wange erscheint, verrät, dass man mit ihr viel Spaß haben und sich gut unterhalten kann.
Die Lieblingsfächer der 15-jährigen Gymnasiastin sind Sport und Chemie, sie hasst Musik. In ihrer Freizeit spielt sie seit mittlerweile drei Jahren Handball, seit circa einem Jahr steht sie im Tor, was eigentlich ungewöhnlich ist, denn mit ihren 1,55 m ist Kyra eher klein. Schon im Kindergarten war Kyra immer eine der Kleinsten. Früher war das nie ein Problem für sie, schließlich waren alle klein, aber langsam wird es problematisch, schließlich ist das Wachstum langsam vorbei. Heute überragen ihre Freunde sie um teilweise 25 cm. Allerdings beeinträchtigt das keineswegs ihren Charakter, im Gegenteil; wenn man klein ist, erzählt sie, dann wird man zwar leichter übersehen, aber das kompensiert sie eben mit ihrer schlagfertigen und offenen Art. Das glaubt man ihr sofort – sie erzählt lebhaft, ihre Mimik ist ständig in Bewegung. Klein zu sein habe auch Vorteile – zum Beispiel beim Schuhe kaufen: in ihrer Größe, 36, sehen alle Schuhe super aus, und wenn sie High Heels trägt, überragt sie nicht alle. In ihrer Familie seien außerdem alle klein, ihr Vater zum Beispiel misst nur 1,72m. Sie lächelt wieder.
Zu klein fühlt sie sich nur manchmal – zum Beispiel, wenn sie in der Küche nicht an die hohen Schränke kommt oder in Klamottenläden die Sachen zu hoch liegen. In der Schule achtet sie darauf, sich nicht ausgerechnet hinter die größten Mitschüler zu setzen. In ihrer Patenklasse ist ihre Größe zugleich Vor- und Nachteil: einerseits wird sie nicht so sehr als Autoritätsperson akzeptiert wie andere, da sie nicht wirklich größer ist als die Kinder, andererseits sehen diese sie als eine von ihnen und vertrauen ihr deswegen eher ihre Probleme an.
Dass sie gelernt hat zu kämpfen, merkt man auch, wenn die Sprache auf ihren großen Traum kommt: Im Moment bemüht Kyra sich um ein Stipendium, um ein Jahr in den USA zur Schule gehen zu können. Am liebsten würde sie nach Florida gehen, erzählt sie mit glänzenden Augen, aber sie würde sich überall wohlfühlen, weil sie sich relativ schnell an neue Verhältnisse gewöhnt und neue Freunde findet.
Kyra redet nicht einfach drauflos – sie überlegt vor jeder Antwort kurz, was sie antworten möchte, und spricht mit klarer Stimme. Man hat das Gefühl, dass sie einen im Gespräch wirklich ernst nimmt.