Vom Lübecker Cineasten-Filmklub zum internationalen Festival-Event

Die Nordischen Filmtage Lübeck sind das fünftälteste Filmfestival Deutschlands. Im Jahr 1956 fanden sie erstmals statt - damals noch im Rahmen der "Nordischen Tage", die ein Band zu Wirtschaft und Kultur in den nordischen Ländern knüpfen sollten. Der vom Apotheker Rolf Hiller gegründete Filmklub der Stadt steuerte damals 12 Filme bei, unter anderem Ingmar Bergmans frühes Meisterwerk "Abend der Gaukler". Das Budget der ersten Nordischen Filmtage Lübeck belief sich auf 753 Mark. Gezeigt wurden die Filme, ohne Jurys, ohne Preise, ohne Stars und Glamour. Zum Vergleich: Heute werden auf dem Festival jährlich knapp 130 Filme gezeigt, die von einem aufwendigen Rahmenprogramm begleitet werden, die Besucherzahl übersteigt 20.000, und das Budget liegt bei rund 500.000 Euro.

Seit 1956 haben sich die Nordischen Filmtage Lübeck von Jahr zu Jahr stetig erweitert. Dabei musste das Festival in der Anfangszeit in zwei Jahren mangels Finanzierung pausieren, weshalb das 50-jährige Jubiläum erst 2008 zustande kommt. 1971 sind die Filmtage in städtische Trägerschaft übernommen worden. Im Jahr 1979 wurde erstmals ein Film ausgezeichnet: Der Publikumspreis der Lübecker Nachrichten ging damals an "Willst Du meinen schmucken Nabel sehen?" von Søren Kragh-Jacobsen. Im selben Jahr wurde das Kinder- und Jugendfilmprogramm eingeführt. Für Aufmerksamkeit sorgten bereits in den Anfangsjahren die sorgfältigen Retrospektiven der Filmtage, so im Jahr 1960 zu Asta Nielsen oder im Jahr 1970 zu skandinavischen Trickfilmen. Ende der achtziger Jahre wurde der Blick der Nordischen Filmtage Lübeck um die baltischen Filmländer erweitert. Im Jahr 2006 wurde das Festival wegen des hohen Publikumsandrangs um einen Tag verlängert.

Viele der Regisseure, die in Lübeck ihre Debütwerke vorstellten, haben mittlerweile Weltruhm erlangt - wie Bille August, Lasse Hallström, Aki Kaurismäki, Fridrik Thór Fridriksson oder Per Fly. Zahlreiche Legenden der nordischen Kultur haben dem Lübecker Festival einen Besuch abgestattet: So zum Beispiel Liv Ullmann, Bibi Andersson, Astrid Lindgren und Erland Josephsson.

Heute sind die Nordischen Filmtage Lübeck das einzige Festival in Deutschland, das sich ganz auf die Präsentation von Filmen aus dem Norden und dem Nordosten des Kontinents spezialisiert hat. In Europa wird diese Intention nur von den später entstandenen Festivals im französischen Rouen und dem litauischen Scanorama geteilt. Alljährlich werden hier Anfang November fünf Tage lang die neuesten Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus Dänemark, Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen und Schweden vorgestellt. Daneben gibt es ein umfangreiches Kinder- und Jugendprogramm und eine Retrospektive, die wichtigen Epochen, bestimmten Genres oder bedeutenden Persönlichkeiten der Filmgeschichte gewidmet ist. Seit 1987 präsentiert das Filmforum Schleswig-Holstein Produktionen aus Norddeutschland. Mit der Filmpreisgala, auf der auch der renommierte Norddeutsche Filmpreis verliehen wird, bietet das Festival einen der kulturellen Veranstaltungshöhepunkte Norddeutschlands.