„Herr Pilipenko und sein U-Boot“, Regie: Jan Hinrik Drevs, René Harder, Deutschland 2006
„Das ist wie ein U-Boot in der Steppe“, beschreibt eine russische Redewendung etwas, das unmöglich erscheint. Und genau das hat Herr Pilipenko erschaffen: In 30-jähriger Tüftlerarbeit hat er mitten in der weiten ukrainischen Steppe, im kleinen Dorf Jevgenivka, ein tauchfähiges Vehikel gefertigt. Herr Pilipenko und sein U-Boot ist einer der Höhepunkte des diesjährigen Filmforums Schleswig-Holstein bei den 48. Nordischen Filmtagen Lübeck.
Die Baupläne zu seinem Jugendtraum fand Herr Pilipenko 1970 in einer Zeitschrift für Unterwassersportler, notwendige Einzelteile bezahlte er mit Gurken aus dem eigenen Garten oder durch Reparaturen. Aber die charmante Kreuzung eines VW-Käfers und einer fliegenden Untertasse funktioniert tatsächlich, wenigstens im Dorfteich. Und Pilipenko will weiter: Das Ziel heißt Schwarzes Meer. Jan Hinrik Drevs und René Harder haben den ehemaligen Kranführer bei seinen Tauchversuchen in Herr Pilipenko und sein U-Boot, einer Produktion der nonfictionplanet GmbH in Zusammenarbeit mit NDR und Arte, begleitet. Der Film gehört zu den Nominierungen für die „Beste Dokumentation“ des neuen Schleswig-Holstein Filmpreises.
Das trotz seines zarten Alters von 19 Jahren kräftig gewachsene Filmforum Schleswig-Holstein wird vom 1. bis 5. November 38 Spiel- und Dokumentarfilme, Kurz- und Experimentalfilme präsentieren, die durch Produktion oder Thema in Verbindung mit dem nördlichsten Bundesland stehen. Mit 100 Einreichungen ist damit die Tradition des alljährlichen Rekordbruchs fortgesetzt. Mit einem zusätzlichen Spieltag wird das Festival darüber hinaus dieses Jahr bereits am Mittwoch starten und bietet so Zeit und Raum genug für ein von Höhepunkten gespicktes Programm.
Hart geht es zu im Eröffnungsfilm des Filmforums: Die Dokumentation Journeyman – Die Bruce Özbek Story beschreibt Erfolge wie Niederlagen des einstigen Kickboxweltmeisters Bruce „der Blitz“ Özbek und seine nie versiegende Hoffnung auf eine Sängerkarriere in der Türkei. Ebenso schonungslos, aber dennoch komisch zieht der packende Nordseekrimi Ludgers Fall, u.a. mit Peter Silbereisen und Martin Semmelrogge, den Zuschauer in den Bann. Unerfahrene, nur scheinbar harmlose Entführer treffen hier auf einen tollpatschigen Inselpolizisten, der händeringend einen neuen Fall sucht, da sein Revier mangels Verbrechen geschlossen werden soll.
Im filigranen Psychodrama Sommer ’04 von Stefan Krohmer, das bereits international als Werk der so genannten „nouvelle vague allemande“ Furore machte, wird ein Segelurlaub an der Schlei in der Spannung zwischen Eifersucht und Verantwortung zur Tragödie.
Cineasten- und Seglerherzen werden gleichermaßen höher schlagen bei der Vorstellung von Kaspar Heidelbachs packendem, hochkarätig besetzten Spielfilm über den Untergang der Pamir. Der Film wird in Verbindung mit Gedenkveranstaltungen zu diesem Thema in der Lübecker Jakobikirche präsentiert, in der das letzte Rettungsboot des Schiffes aufbewahrt wird.
Großer Höhepunkt und Publikumsmagnet wird das neue Künstler-Porträt von Marc Boettcher sein: Zur Freude ihrer vielen Fans wird Gitte Hænning persönlich bei der Premiere der umfassende Biografie Ich will alles – Die Gitte Haenning Story anwesend sein. Regisseur und Produzent Marc Boettcher begleitet Gitte zu den Orten ihrer größten Triumphe und bringt uns die Künstlerin, deren Liebe dem Jazz gilt, als Privatperson näher.
Ein drängendes, doch meist verdrängtes Problem behandelt die Dokumentation Haus-Halt-Hilfe von Petra Valentin. Sie porträtiert verschiedene Au-pair-Mädchen, Putzhilfen und Kindermädchen, die in deutschen Haushalten unter erniedrigenden Bedingungen beschäftigt werden und so zwischen Abschiebung und Ausnutzung schweben.
Die beliebte Kurzfilmnacht erhält in diesem Jahr eine weitere Attraktion mehr. Zu mitternächtlicher Stunde werden der ComLine-Preis und der Cinegate-Preis verliehen. Zum ersten Mal vergibt die Firma Cinegate einen Preis für den besten in Schleswig-Holstein produzierten Kurzfilm im Filmforum Schleswig-Holstein. Der Preis umfasst die Bereitstellung von Equipment im Wert von 5.000 Euro und wird in der Kurzfilmnacht von Hartmut Rabe übergeben. Zum bereits dritten Mal wird der Preis der Firma ComLine GmbH für den besten Kurzfilm im Filmforum verliehen. Der Preis geht an einen Film von maximal 15 Minuten Länge. Die dreiköpfige Jury vergibt die Schnittsoftware Avid Xpress Pro HD im Wert von 1.900 Euro.