Rolf Hiller (*5. Januar 1928, †25. März 2020) hat etwas Einzigartiges geschaffen. Als 1956 in Lübeck zur Vertiefung der wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Skandinavien die Nordischen Tage stattfanden, erkannte er die Gunst der Stunde und nutzte die Veranstaltung mit Mut und Weitsicht als Schaufenster skandinavischer Filmkunst. Damit hat er einer Kinematographie, deren junge Regisseure, allen voran Ingmar Bergman, gerade für Aufsehen in Europa sorgten, eine Heimstatt gegeben und gleichzeitig Lübeck auf die Landkarte der Filmfestival in Deutschland gesetzt. Nach Berlin, Mannheim, Oberhausen und Leipzig machte Lübeck nun die „Hand voll“. Rolf Hiller war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 28 Jahre alt, Vorsitzender des Lübecker Filmclubs und ein Visionär, denn mit einer gelungenen künstlerischen Auswahl und klugen organisatorische Entscheidungen legte er das Festival auf Nachhaltigkeit an.
Dabei hatte er nicht nur die Filmfans seiner Heimatstadt im Auge, sondern sah Lübeck als Drehscheibe zwischen Skandinavien und dem europäischen Kontinent. Die skandinavischen Partner bezog er eng in die Planungen ein, und den Filmkritiker Will Wehling, Kurator (und späteren Leiter) der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen, beauftragte er mit der Pressearbeit. Neben den gut dokumentierten Filmveranstaltungen gab es Referate und Diskussionen zu filmkünstlerischen und filmpolitischen Themen, und von Anfang an wurden „Tagungskarten“ für die Gesamtveranstaltung verkauft, um auch Auswärtige anzulocken. Schon in den Anfangsjahren verzeichnete die Teilnahmeliste 250 Gäste, darunter 60 Pressevertreter, die den Ruhm des Festivals verbreiteten. Neben dem Senat der Hansestadt Lübeck suchte Rolf Hiller weitere Unterstützung beim Kultusministerium des Landes Schleswig-Holstein und dem Bundesministerium des Innern. Auch Filmverbände und Institutionen wie die Arbeitsgemeinschaft schleswig-holsteinischer Filmclubs oder das Deutsche Institut für Filmkunde konnte er neben den skandinavischen Filminstituten als Partner gewinnen. Dabei war Rolf Hiller auch immer widerständig, kritisierte das „einseitige Bild vom nordischen Film in Deutschland“ oder die falsche „Verleih- und Importpolitik“ und beklagte die mangelnde Unterstützung durch die Verantwortlichen in Lübeck. Dennoch hat er es geschafft, das Festival von 1956 bis 1970 als Vorsitzender des Filmclubs bzw. des Vereins Nordische Filmtage Lübeck zu leiten und weiterzuentwickeln, bis dies mit einer rein ehrenamtlichen Organisation nicht mehr möglich war und die Hansestadt Lübeck das Festival übernahm.
Aber Rolf Hiller blieb auch weiterhin ein treuer, aufmerksamer und kritischer Begleiter des Festivals, kam mit seiner Frau Irene nicht nur zur Eröffnungsveranstaltung und Preisverleihung, sondern besuchte ausgewählte Filmvorführungen. Nicht mit allen Filmen war er einverstanden, es seien auch immer „Luschen“ dabei. Aber wann immer wir bei den Nordischen Filmtagen seine Unterstützung oder Material aus den Anfangsjahren brauchten, war Rolf Hiller zur Stelle. Er rief an oder kam im Büro vorbei und breitete seine Schätze vor uns aus. Es war immer eine Freude, mit ihm zu reden, über Filme, Kultur, Lübeck, Gott und die Welt. Wir werden ihn vermissen, seine Begeisterung und Meinungsfreude, seine Klugheit und Schlagfertigkeit und den Schalk in seinen Augen.
Ohne Rolf Hiller würde es uns nicht geben, und ohne ihn wäre Lübeck um so viel ärmer. Wir können nur sagen DANKE, ROLF HILLER!
Linde Fröhlich, Künstlerische Leiterin Nordische Filmtage Lübeck
und Team