Mehr als 20.000 Zuschauer hat „Wechselspiele“ seit dem Erscheinen im April 2014 in Finnland schon in seinen Bann gezogen. Für einen Hollywood-Blockbuster locker an einem Tag schaffbar, doch für eine finnische Produktion eine respektable Leistung. Ausgangspunkt war eine Werbereise durch verschiedene Jugendclubs in Finnland. „Wechselspiele“ scheint in Finnland für die Altersgruppe der 12-14 Jährigen so etwas wie ein Kult zu werden. Ich kann das nachvollziehen.
Die Freunde Antti und Muhis leben in einem Stadtteil Helsinkis, der als sozialer Brennpunkt zu bezeichnen ist. Die trostlose und farblose Darstellung unterstützt die Ausweglosigkeit in diesem Viertel. Alkohol, Bandenkriege und Arbeitslosigkeit bestimmen das Bild. Die Freizeitgestaltung der beiden Jungen scheint aus Herumlungern und Herumstöbern zu bestehen. Bis spät in die Nacht sind sie an verschiedenen Orten der Stadt unterwegs. Als sie eines Tages von einem Betrunkenen, der Muhis Handy haben möchte, angegriffen werden, wehren sie sich und stoßen den Mann aus Versehen eine Klippe hinunter. Sie wählen die Flucht und leben von nun an mit dieser schweren Last. Albträume plagen sie, Verhaltensauffälligkeiten sind die Folge und immer wieder die Angst, entdeckt zu werden. Die Angelegenheit eskaliert zu einem Konflikt zwischen den Somalis und der rechten Szene, zu der das Opfer gehörte. Die Freundschaft von Antti und Muhis wird immer wieder auf die Probe gestellt, besonders als Muhis von seinem Bruder weggeschickt wird und Antti nicht mehr sehen darf.
Es geht in diesem Film nicht um Bestrafung und Aufklärung der Tat, sondern um Freundschaft, Gewissenskonflikte, schwierige Verhältnisse und schwere Entscheidungen im Leben von Heranwachsenden. Immer wieder werden schnelle Szenen im Zeitraffer eingespielt, wie z.B. die Stadt bei Nacht und der auf- und untergehende Mond. Zeitlupen wurden zur Dramatisierung eingesetzt, wie z.B. der Sturz des Betrunkenen von der Klippe und die Flucht mit dem Bus.
Zum Ende hin gibt es keine Einteilung von Gut und Böse. Der Film wird lediglich ganz ruhig, die Hektik verschwindet, alles wird lautlos und die Kinder können einfach Kinder sein. Mir hat der Film sehr gut gefallen, da ich auch 12 Jahre alt bin, genauso wie Antti in dem Film und ich nicht in seiner Haut hätte stecken wollen. Das ist ein riesiger Gewissenskonflikt.
Um die Schauspieler realistischer wirken zu lassen, wurde in der Vorbereitung Kontakt zu verschiedenen Jugendbanden aufgenommen, erzählte uns Klaus Heydemann. Alle waren hilfsbereit und engagierten sich für dieses Filmprojekt. Einige wirkten letztendlich sogar vor der Kamera mit. Eine tolle Erfahrung für alle Beteiligten. Der Produzent betonte aber immer wieder, dass die rechte Szene nicht im Zentrum stehen, sondern nur den Konflikt zwischen den einzelnen Gruppen anheizen sollte. Daher war es für die Schauspieler auch nicht so schwer, in diese Rolle zu schlüpfen, die eigentlich die Seite der Loser darstellte.