Gut 25 Menschen, ca. 15 Erwachsene und der Rest Jugendliche, starren auf die kleine, aus einer grünen Kiste ausgerollte Leinwand. Das Puppenhaushaus auf der Leinwand ruckt, und nicht nur die Kinder zucken und spannen sich an. Das kleine Mädchen mit dem blonden Zopf, dem Messer in der Hand und den roten Flecken auf dem weißen Jäckchen hat die Bewegung hinter sich nicht bemerkt, und die 25 Menschen in dem kleinen Raum bleiben angespannt. Die Leinwand ist wieder weiß und der Film „Sissy“,  zu Deutsch: „Memme“, ist vorbei.

Die Regisseurin Siri Rutlin Harildstad, eine junge Frau mit braunen, lockigen, stark verstrubbelten Haaren und einer dieser modischen, schwarzgeränderten Ray Ben Brillen, redet darüber, wie ihr Horrorfilm für Kinder entstanden ist. Fragen werden gestellt: Wie ist für sie die Arbeit mit Kindern? Warum hat das kleine Mädchen beim Nachhausekommen das Licht nur nicht eingeschaltet? Wird sie von Eltern darauf angesprochen, dass dieser Film zu gruselig sei? Souverän arbeitet sie sich durch den Fragenkatalog der zum Teil noch erleichtert wirkenden Zuschauer dieser Vorstellung im kleinen Kreis. Sie möge die Arbeit mit Kindern, auch wenn diese so anstrengend sei, da es oft zu Missverständnissen komme; und sie würde sie immer wieder machen, obwohl sie sich jedes Mal danach schwören würde, es nie wieder zu tun.

„Und warum das kleine Mädchen das Licht nicht angeschaltet hat?", sie beginnt zu lachen. Weil das Mädchen so fasziniert von dem verbotenen Teil des Hauses gewesen sei. Zuletzt berichtet sie den Anwesenden, dass Eltern sie im Speziellen noch nie auf das "zu gruselig für mein Kind“ angesprochen oder gar beschimpft hätten. Meist seien sie noch zu beeindruckt vom Film gewesen. Was mir nicht schwer fällt zu glauben, denn mit „Sissy“ ist es ihr gelungen, einen Horrorstreifen für Kinder zu drehen, der nicht nur kleinen Menschen unter die Haut geht - ohne nachhaltig schrecklich zu sein.

Jetzt erwartet mich eine Überraschung; die Methodische Nachbesprechung bezieht sich nicht etwa auf die filmischen Mittel, sondern darauf, wie der richtige Umgang mit Kindern ist und wie man mit ihnen den Film aufarbeiten muss, damit sie sich damit wohlfühlen. Eine Fortbildung, die ich gar nicht haben wollte.

Mein Fazit: Fortgebildet: nein, aber ich durfte einen spannenden Film miterleben und ein angenehmes und auch etwas aufregendes Gespräch mit der Produzentin.