Ich sitze einem auf den ersten Blick schüchtern erscheinenden Jungen mit Brille gegenüber. Bjarne, 14 Jahre alt. Wenn ich ihm auf der Straße über den Weg laufen würde, würde ich denken: Sieht ganz nett aus. Doch damit würde mir eigentlich alles was Bjarne ausmacht vorenthalten bleiben. Schon zum vierten Mal sitzt Bjarne hier, bei den Jungen Filmjournalisten und muss Fragen über sich ergehen lassen. Wahrscheinlich ist es gerade das, was ihn so gelassen macht. Er rudert gerne, hat Darstellendes Spiel in der Schule und trifft sich gerne mit Freunden. Doch da ist noch viel mehr über ihn, was ich herausgefunden habe, was ich vorher nicht von ihm gedacht hätte.
Zu den Nordischen Filmtagen kam er, weil die Patinnen seiner Klasse davon berichtet haben und genau wie sie ist er jetzt Pate von einer fünften Klasse. Außerdem hat er schon selbst zwar nicht vor der Kamera gestanden, aber auf der Bühne, in einem kleinen Theaterstück in der Schule. In einem Film würde er nicht etwa den Macho oder den Agenten spielen wollen, sondern jemanden, dessen Bruder oder Schwester eine schwere Krankheit hat. Doch wenn er die Wahl hätte, würde er lieber das Drehbuch schreiben, oder Regie führen, weil man da alles so umsetzen kann, wie man es sich vorstellt. Wahrscheinlich würde er einen Film übers Filmemachen drehen, da das ein Film ist, den er gerne mal sehen würde. Aber er würde wahrscheinlich nur Schauspieler engagieren, die wirklich Lust haben in dem Film zu spielen. Denn das macht für ihn einen guten Film aus, wenn man den Schauspielern ansieht, dass sie Spaß beim Dreh hatten.
Das ist seiner Meinung nach auch eine Besonderheit der nordischen Filme, die Schauspieler sind motiviert und die Filme sind lebendiger, wohingegen er findet, dass viele Hollywood Filme auf Krampf gedreht werden. Deswegen würde Bjarne auch öfter ins Kino gehen, wenn mehr nordische Filme laufen würden. Wenn er die Wahl hätte zwischen einer Komödie, einem Drama und einem Actionfilm, würde er sich nicht automatisch für den Actionfilm entscheiden, obwohl der die gerne guckt, genauso wie Dokumentationen. Er würde erst in alle reingucken und dann entscheiden, welcher ihn an meisten fesselt oder berührt. Interessant fand ich es, dass sein Lieblingsfilm von den Nordischen Filmtagen Das Orangenmädchen ist. Ich wäre immer davon ausgegangen, dass nur Mädchen diesen Film mögen würden, doch diese Einschätzung war wohl falsch, doch daran kann man sehen, dass er mit dem was er denkt und was ihn bewegt vielen Jungs in seinem Alter etwas voraus hat.
Auch in dem Punkt, dass er sich an einem Tag, wo er sich aussuchen könnte, was er machen darf, für seine Freunde und gegen den PC entscheiden würde. Die Nordischen Filmtage haben ihn in ihren Bann gezogen. Als ich ihn frage, ob er sich später frei nehmen würde, um dorthin zu gehen, sagt er ohne zu zögern: Ja. Und wenn er ein Jahr lang nichts zu tun hätte, würde er gerne nach Dänemark auswandern, weil die Menschen dort viel freundlicher sind als in Deutschland und ihm die Landschaft gefällt. Was er später mal machen möchte, weiß er noch nicht, aber er überlegt, in der Filmbranche was zu machen, oder in der Lebensmittelbranche.
Ich freue mich aber erst mal darauf, seine Texte zu lesen, weil ich denke, dass er in vielen Sachen eine überzeugende Blickweise hat und ich seine Gedankengänge sehr interessant finde. Und ich bin mir sicher, dass dieses Jahr nicht das letzte Mal sein wird, in dem Bjarne als Junger Filmjournalist bei den Nordischen Filmtagen ist.