Der 15 jährige Michel lebt in Lübeck und besucht die 10. Klasse des Johanneums. In seiner Freizeit treibt er sehr viel Sport, regelmäßig Handball, Tennis und Triathlon, in den Ferien auch noch Extremeres, wie etwa (Wind-)Surfen. Überhaupt, so erzählt Michel, habe er eine „starke Verbindung zum Wasser“, mit gerade mal drei Jahren das Seepferdchen gemacht und mit zehn Jahren dann das Goldabzeichen. Eines jedoch sticht einem ins Auge: Fast all diese Sportarten sind Einzelsportarten. Michel selbst sieht sich auch ganz und gar nicht im Teamsport. Er verlässt sich nicht so gern auf andere, kämpft lieber allein.
Über sich selbst sagt er, dass er einer sehr schwarzen Humor habe (und davon überzeugt er mich im Laufe der Unterhaltung des Öfteren), nicht „der Sozialste“ sei. Auf meine Nachfrage fügt er aber hinzu, dass er sich tendenziell negativer beschreibe, auch um Erwartungen möglichst gering zu halten. Man merkt sofort, dass die Aussage, er sei egoistisch, wahrscheinlich ziemlich übertrieben ist, auf mich wirkt Michel nämlich gar nicht so.
Mit neun Jahren bekam er einen jüngeren Bruder, was er im Gespräch sofort als schwierig beschreibt: Neun Jahre lang Einzelkind zu sein und dann plötzlich auf einen kleinen Bruder Rücksicht nehmen zu müssen, sei „schwer zu akzeptieren“ gewesen. Alles sei seitdem ganz anders und es stört ihn, dass sein kleiner Bruder ihn - wie jüngere Geschwister das an sich haben - „nachäfft“. Michel brauche öfter mal seine Ruhe.
Eines seiner großen Interessen stellen die Naturwissenschaften dar, deshalb auch seine Lieblingsfächer: Bio und Chemie - und selbstverständlich Sport. Doch mit sein größtes Interesse, was sich im Übrigen durch das gesamte Gespräch zieht, ist die Psyche des Menschen: Neben Action- und Horrorfilmen, bei denen Michel gut abschalten kann, mag er Psychothriller am liebsten. Was auch daran liegen wird, dass seine Mutter Psychiaterin ist und er von zu Hause aus viel mitkriegt. Deshalb reizen ihn die Nordischen Filmtage auch so: Gerade im Vergleich zu „langweiligen und vorhersehbaren Hollywoodstreifen“ gefällt ihm die düstere Stimmung und „echte Brutalität“ der nordischen Filme, etwa zu sehen, wie psychisch Kranke mit ihrer Hilflosigkeit umgehen oder wie geistig praktisch Tote sich doch immer wieder aufbauen können.
Dem Filmgeschmack entsprechend auch die Musik, die er hört: Meist Metal oder Punk. (Michel zeigt im Gespräch, dass es viel Wert darauf legt, einen eher ungewöhnlichen Musikgeschmack zu haben) Er bevorzugt allerdings die Lieder, bei denen die Texte eine Aussage haben, häufig betonen diese – und dafür interessiert er sich ja wiederum - „das Schlechte im Menschen“.
Was man jedoch - nicht nur nachdem Michel meinte, er würde sich oft negativer beschreiben, als er in Wirklichkeit ist - sofort merkt: Michel ist ein humorvoller und sympathischer Mensch, der viele ungewöhnliche und gleichzeitig sehr spannende Interessen hat.