Essay: Lettland
Junge Hunde
Andris RozenbergsAls sich das Auswahlgremium des Lettischen Filmzentrums dieses Jahr für die Förderung von vier Spielfilmvorhaben aussprach, handelte es offenbar nach dem lettischen Sprichwort, "Ein junger Hund ist besser als ein alter Paradiesvogel". Denn die vier Filme werden allesamt von jungen Regisseuren gedreht, die erst einen oder noch gar keinen Film gemacht haben.
Das Debüt dieser neuen Generation stellt wahrlich eine aufregende Aussicht dar. Denn mit ihnen taucht auf einmal eine Gruppe Filmschaffender auf, die zwar von sehr unterschiedlicher Herkunft, Bildung, Berufserfahrung und Alter sind und sich untereinander nicht einmal kennen, doch trotz alledem ihrem sozialen Umfeld, ihrer Geschichte und ihrem kulturellen Erbe gegenüber ähnliche Einstellungen zu teilen scheinen. Wenn man diese Einstellung zu definieren versucht, könnte man zumindest feststellen, daß sie im Vergleich zur vorhergehenden Generation weitaus individualistischer sind und sich weniger um die aufklärerische Aufgabe oder die soziale Verantwortung ihres Mediums kümmern. So entwirft Aivars Grauba in "Der furchtbare Sommer" eine faszinierende Liebesgeschichtete mit melodramatischen Elementen vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse des Sommers 1940, als Lettland von der Sowjetunion annektiert wurde.
Anna Viduleja und ihr Produzent Aris Dreimanis wollen in "Die Farbe des Bleis" Episoden aus der Jugend des lettischen Malers Georgs Eliass erzählen, der allgemein für den berühmten Peter der Maler gehalten wird, der 1910 bei der Schlacht der Sidney Street fast der Karriere des damaligen Innensekretärs Sir Winston Churchill einen Knick versetzt hätte.
Eines hat die junge Generation jedenfalls gemein: Alle haben im Ausland gelebt oder studiert. Das macht sie weltläufiger. So vergleicht Una Celms in ihrem Projekt "Kurs der Schwerkraft" die Mentalitäten von Schweden und Letten. Eines der Vorhaben, die estnisch-lettisch-litauische Gemeinschaftsproduktion "Drei Liebesgeschichteten", spielt ganz besonders mit solchen kulturellen Mustern. Nach der Förderungszusage von staatlicher Seite bemühen sich alle Produzenten nun um ausländische Finanzierung, um die Produktionsbudgets zu vervollständigen und die Vermarktungsmöglichkeiten besser auszunutzen. Lettland bereitet sich auf den Beitritt zu den MEDIA 2 und Eurimage-Programmen vor, um solche Bemühungen zu unterstützen und vereinfachen.

Andris Rozenbergs
Nationales Filmzentrum Lettland

Essay: Latvia
Puppies in Paradise
Apparently, the Consultative Film Council of the National Film Centre had the Latvian saying that "a puppy is better than an old bird of paradise" in mind when it decided to support four fiction film projects this year. For all of them are being made by young filmmakers as their first or second full-length features.
The debut of this new generation is an exciting prospect indeed. All of a sudden, it appears that a group of people from different backgrounds, levels of education, experience and age, and who do not even know each other, all share the same views and attitudes towards their social environment, history and cultural heritage. Trying to define these attitudes, one might say they are more individualistic than those of the previous generation, not bothering with the communicative side of the art or its social mission. The history in which we were participants, victims or witnesses is to them but a source for captivating stories. Thus, in "The Gruesome Summer", Aivars Grauba composes a fascinating love story with elements of melodrama against the background of political events during the summer of 1940, when Latvia was annexed by the Soviet Union. In their project "The Colour of Lead", Anna Viduleja and her producer, Aris Dreimanis, recount episodes from the youth of Latvian painter Georgs Eliass, thought to be the famous Peter the Painter, one of the participants in the 1910 Siege of Sidney Street, an event that almost derailed the career of Sir Winston Churchill, Home Secretary at the time.
One thing the new generation has in common is their cosmopolitanism: all have at one time studied or lived outside of Latvia. Thus Una Celms' project "The Course of Gravitation" attempts to compare Latvian and Swedish mentalities. One of the projects in particular, the Estonian-Latvian-Lithuanian co-production "Three Love Stories", plays with such cultural patterns.
Having been granted Latvian state film funding, the producers are all seeking foreign funding to help complete their productions and improve their marketing possibilities. To facilitate and support these efforts, Latvia is preparing to join MEDIA 2 and Eurimages.

Andris Rozenbergs
National Film Centre Latvia

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