Zuerst war Chopchopchopchopch. Zwei seiner Filme präsentierte der schwedische Regisseur Daniel Bergman bereits auf den Nordischen Filmtagen Lübeck: den Kurzfilm "Chopchopchopchopchop", 1991, und zwei Jahre später seinen ersten Spielfilm "Sonntagskinder". Diesmal ist der 33jährige Sohn von Star-Regisseur Ingmar Bergman einer der Ehrengäste des Filmfestivals. Er gehört der Jury an, die nun schon zum sechsten Mal den mit 25 000 Mark dotierten NDR-Förderpreis für einen "Spielfilm von besonderer künstlerischer Qualität" vergibt.
Meisterleistungen ohne Worte. Kein Geringerer als Ingmar Bergman rief Georg af Klercker (1877-1951) wieder in Erinnerung, verlieh ihm posthum den "Ingmar-Bergman-Preis" und ließ einige der erhaltenen Werke des Stars am schwedischen Stummfilmhimmel restaurieren. Elf davon sind auf den diesjährigen 37. Nordischen Filmtagen Lübeck zu sehen - darunter das 1917 gedrehte Liebesdrama "Reveille" und "Nachtmusik" von 1918. Ein Film, den Bergman "magisches Meisterwerk" nennt.
Ein Mann mit unendlich vielen Facetten. Nicht faßbar in einem Satz, geradezu überladend, was der 72jährige Schriftsteller und Schauspieler, Erland Josephson, gemacht und dargestellt hat. Die "Szenen einer Ehe", dem größten Kinoerfolg seines Weggefährten Ingmar Bergman, machten ihn zum weltberühmten Darsteller. An seiner Seite stand hier - wie so oft - Liv Ullmann. Das war 1974. Ein bewegtes Bühnenleben lag bereits hinter ihm und eine schillernde Karriere war seine Zukunft. Er brillierte in zahlreichen Film- und Theaterrollen und machte sich als Autor von Romanen, Hörspielen, Drehbüchern und Theaterstücken einen Namen. Josephson kommt zu den diesjährigen Nordischen Filmtagen Lübeck als Ehrengast. Er ist einer der Hauptdarsteller in dem deutsch-norwegischen Film "Sunset Boys", der im Anschluß an die Preisverleihung am Sonntag, 5. November, gezeigt wird.
Schon als Student Oscar-verdächtig. Sein Kurzfilm "About War", eine deutsch-irische Co-Produktion, erhielt 1993 eine Oscar-Nominierung in der Kategorie "Bester ausländischer Studentenfilm". Zu den Nordischen Filmtagen Lübeck wird der gebürtige Portugiese Miguel Alexandre persönlich sein Spielfilm-Debüt präsentieren: "Nana" , die Geschichte eines jungen Mädchens, das unter einer seltenen, lebensbedrohenden Immunkrankheit leidet und gemeinsam mit ihren Freunden und ihrem Vater den Kampf gegen ihre Erkrankung aufnimmt. "Nana" ist Alexandres Abschlußfilm an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Er wird im Rahmen des Filmforums Schleswig-Holstein gezeigt.
Auf den Spuren der Lamas. Drei Jahre lang hat sich Lottie Marsau ohne Visum und Drehgenehmigung in Tibet aufgehalten und Aufnahmen gemacht. Auf eindrucksvolle Weise dokumentiert sie in "China's Tibet" die Auswirkungen der seit über vierzig Jahren andauernden chinesischen Besetzung in Kultur und Alltag des Landes. Bei den Nordischen Filmtagen Lübeck erlebt der Film seine Premiere. Grund genug für die 42jährige Lottie Marsau, selbst dabei zu sein.
Kunst als Medizin. Reisen in die Vergangenheit ermöglichen die Nordischen Filmtage. Im Rahmen des Filmforums Schleswig-Holstein porträtiert der Jung-Regisseur Claas Danielsen die 1915 in St.Petersburg geborene Kunsthistorikerin Dr. Lada Rostislawna Nikolenko. Der Film "Memoiren einer frustrierten Hedonistin" begleitet sie zurück an die Orte, an denen sie Krieg und Hunger, deutsche Belagerung und stalinistische Verfolgung durchlebte. Trost und Ermutigung fand die alte Dame in dieser Zeit wie auch heute an den Stätten der Kunst und Kultur. Der 29jährige Absolvent der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, Claas Danielsen, hat sein Kommen zu den Filmtagen zugesagt.
"Erinnert Ihr Euch?". Der schwedische Film hat einiges zu bieten. Wer auf seine nunmehr 100jährige Vergangenheit zurückblickt, dem kommen gleich Filmgrößen wie Greta Garbo, Helena Bergström, Ingrid Bergmann, Zarah Leander, Anita Ekbert und viel andere internationale Stars in den Sinn. Einer, der darüber bestens Bescheid weiß, kommt zu den Nordischen Filmtagen Lübeck. Prof. Leif Furhammar eröffnet am Donnerstag, 2. November, die Retrospektive auf den Stummfilm-Klassiker Georg af Klercker. Und nicht nur das. Er ist auf dem Festival selbst mit dem Dokumentarfilm "Sternbilder" vertreten, einem Streifzug durch die schwedische Filmgeschichtete. Schon 1994 präsentierte der Professor der Filmwirtschaft seinen Kurzfilm "Erinnert Ihr Euch" auf den Nordischen Filmtagen Lübeck: 170 berühmte schwedische Filmszenen in acht Minuten.
Wände voller Nostalgie. Das "100 Jahre Kino"-Jubiläum ist ein hervorragender Anlaß, um Altes wieder in Erinnerung zu rufen und zu würdigen. Das Schwedische Filminstitut hat aus diesem Grund eine Serie schwedischer Stummfilmplakate nach Originalen aus dem Archiv in einem aufwendigen Verfahren fotografisch reproduzieren lassen. Im Filmpalast Stadthalle sind sie während der Nordischen Filmtage Lübeck zu sehen. Ein Leckerbissen erster Güte - nicht nur für Filmkenner - ist beispielsweise das allererste schwedische Filmplakat vom Mai 1897 nach dem französischen Original der Gebrüder Lumière, 1895. Andere eindrucksvolle Exponate sind Klassiker wie "Erotikon" von 1920 und "Gösta Berlings Saga" aus dem Jahre 1924. Beide Filme wurden unter der Regie von Mauritz Stiller gedreht. Nicht fehlen darf außerdem das Plakat zu dem Film "Nachtmusik" des Regisseurs Georg af Klercker, der übrigens in der Retrospektive des Festivals gezeigt wird.
Als die Bilder fahren lernten. Bewegt wie der Film selbst ist die Ausstellung, die vom Bundesverband Jugend und Film zum hundersten Geburtstag des Kinos zusammengestellt wurde. Sie ist untergebracht in einem Bus, der seit den Filmfestspielen Berlin im Februar durch Deutschland fährt und nun seine festlichen Abschlußpunkt bei den Nordischen Filmtagen Lübeck hat. Das rollende Museum lädt zum Schauen und Wundern ein, aber auch zum Mitmachen und Nachdenken. Manche der ausgestellten Originalgeräte und Modelle aus der Frühzeit der Kinemathografie wie Guckkästen, Panoramen, Wundertrommeln und Zauberlaternen müssen beleuchtet oder bewegt werden, damit die "Bilder laufen lernen". Die Objekte, die zum größten Teil aus der Sammlung von Hauke Lange-Fuchs stammen, der Mitglied der künstlerischen Leitung des Festivals ist, sind für kleine und große Kinofans gleichermaßen interessant und dazu noch kostenfrei anzusehen.
Eine charmante Geschichte. Was macht "frau", wenn der einst so liebe Ehegatte nach einer langen Zeit harmonischen Zusammenlebens einen verlassen will - nur wegen einer jüngeren Frau? Die Betrogene wird deshalb nicht böse, sondern erlaubt ihm den Seitensprung. Denn: Er wird schon zurückkommen! Sie behält recht, doch die Dinge haben sich geändert. - Zu sehen ist der vergnügliche Spielfilm "Der Mann, der gehen durfte" bei den Nordischen Filmtagen Lübeck. Schon 1989 überraschte die dänische Regisseurin Katrin Ottarsdóttir das Lübecker Publikum mit "Atlantic Rhapsody": Sie erhielt damals den Preis der Nordischen Filminstitute. Man darf gespannt sein, ob sie dieses Jahr erneut das Rennen macht. Die Absolventin der Filmschule in Kopenhagen, Ottarsdóttir, läßt es sich nicht nehmen, dabei zu sein, wenn es wieder heißt: "Der Gewinner ist ...".
Ganz schön rumgekommen. Sie studierte an der Bezalet-Akademie für Kunst & Design in Jerusalem, außerdem Architektur in London, darüber hinaus Regie an der Dänischen Film-Schule und sie selbst ist Schwedin: Susanne Bier. Zu den diesjährigen 37. Nordischen Filmtagen Lübeck kommt sie in die Travestadt. Preise hat sie schon viele gewonnen, für ihre Werbefilme, aber auch für den Spielfilm "Pensionat Oskar" , mit dem sie bei dem Filmfest an den Start geht. Beim Montreal World Film Festival in Kanada wurde sie dafür mit dem Fipresci Prize geehrt. Der Film über Freiheit und Verrücktheit, Wunder und Liebe handelt von der ganz normalen Familie Runeberg, die in ihrem Feriendomizil auf den Zauberer Petrus treffen. Und alle Hoffnungen auf perfekte Ferien zerplatzen wie Seifenblasen. Gute Unterhaltung ist garantiert.
Mit Spannung erwartet: Liv Ullmann in Lübeck. "Scener ur ett aektenskap" - in Deutschland besser bekannt unter dem Titel "Szenen einer Ehe". Spätestens dieser Film des schwedischen Star-Regisseurs Ingmar Bergman aus dem Jahr 1973 brachte ihr internationalen Ruhm: Liv Ullmann, die bekannte Regisseurin und Schauspielerin aus Norwegen präsentiert auf den 37. Nordischen Filmtage Lübeck ihren zweiten Spielfilm "Kristin Lavransdatter". Deutschland-Premiere für das dreistündige norwegische National-Epos ist am Samstag, 4. November. Vorher stellt sich Liv Ullmann allerdings den Fragen der Presse und des interessierten Publikums. Schon jetzt zeichnet sich ab, daß "Kristin Lavransdatter" in der Zuschauergunst weit oben steht. Kurzerhand wird deshalb eine zweite Vorstellung am Sonntag, 5. November stattfinden. Hatte das Lübecker Publikum die brilliante Repräsentantin des zeitgenössischen Films bei Ihrem ersten Besuch in hansestadt vor zehn Jahren schon mit Standing Ovations gefeiert, wird der Applaus in diesem Jahr mindestens ebenso stark ausfallen. Denn trotz des weltweiten Erfolgs steht hinter der Regisseurin und Schauspielerin Liv Ullman vor allem der Mensch Liv Ullmann. Diese humanitäre Weltanschauung projeziert auch auf ihre Darsteller. Eine äußerst sensible Schauspielerführung zieht den Zuschauer von der ersten Sekunde an in den Bann.
Mahnmal gegen den Krieg. Wir schreiben das Jahr 1945, fünf Tage vor Kriegsende. Britische Kampfflugzeuge bombardieren drei Schiffe, die in der Neustädter Bucht vor Anker liegen, darunter auch die "Cap Arcona". Was die Royal Air Force nicht weiß: Auf dem ehemaligen Luxusliner befinden sich Häftlinge aus dem KZ Neuengamme, zusammengepfercht von der SS - dagegen nur wenige deutsche Soldaten. Ein tragischer Irrtum, den mehr als 7.000 dieser Häftlinge mit dem Leben bezahlen. Nur 450 Menschen überleben die Katastrophe. "Der Fall Cap Arcona" zeichnet die Ereignisse nach und betreibt intensive Spurensuche nach den Hintergründen, die lange Zeit ungeklärt waren. Dabei lassen die Regisseure Günter Klaucke und Karl Hermann Überlebende wie den Musiker Francis Akos und den Schauspieler Erwin Geschonneck zu Wort kommen. "Der Fall Cap Arcona" wird am Donnerstag, 2. November, als Eröffnungsfilm des Filmforums Schleswig-Holstein gezeigt.
Prädikat "besonders wertvoll". Emil ist acht Jahre alt und liebt seinen Opa über alles. Als dessen Hund "Skundi" stirbt, will er spontan einen neuen kaufen. Doch der kostet Geld, mindestens 4.000 Kronen. Emil geht auf Jobsuche, spart das Geld und kauft den Hund. Leider hat er die Rechnung ohne seinen Vater gemacht, denn dieser will das Tier nicht in der Wohnung sehen. Kurzerhand packt der Junge seine sieben Sachen. "Emil und der kleine Skundi", so der Titel des isländischen Kinderfilms, treten ihre abenteurliche Reise zum innig geliebten Großvater an. Regisseur Thorstein Jónsson erhielt für seinen Film bereits das Prädikat "besonders wertvoll". Der Isländer studierte an der Prager Filmakademie Regie und an der Nippon Universität in Tokio Film. Sein Werk "Atomstation" war der erste isländische Film, der als offizieller Beitrag bei den Filmfestspielen in Cannes lief.
In der Kürze liegt die Würze. In nur drei Minuten erzählt Regisseurin Martina Edoh, was so alles passiert, wenn Barbara einen Spaziergang macht. Beispielsweise teilt sich das Wasser und eine Gruppe kleiner Figuren erscheint auf der Bildfläche. "Barbara takes a walk" , der Debütfilm der jungen schwedischen Filmemacherin, ist einer der zwei kürzesten Kurzfilme, der auf den diesjährigen Nordischen Filmtagen Lübeck gezeigt werden. Der andere dreht sich um "Petitessen" , ein Experimentalfilm der Schwedischen Regisseurin Pernilla Hindsefelt . Der Film - ebenfalls nur drei Minuten lang - verbindet Trick und Pantomime miteinander. Der längste Kurzfilm des Filmfestivals zeigt in 20 Minuten eine ganz persönliche Interpretation der Stadt Prag. "Golem Praha" von der Dänin Kassandra Wellendorf dreht sich um die Legende des Rabbiners Löw, der im 16. Jahrhundert im Ghetto von Prag einen künstlichen Menschen aus Staub und Lehm geschaffen haben soll.
Jütland tritt auf die Bühne. Erst seit diesem Jahr gibt es die neue jütländische Filmproduktion. Ein Repräsentant dafür steht bei den 37. Nordischen Filmtagen Lübeck nun auf der Gästeliste. Der 25jährige Däne Aage Toft Rais gibt hier mit seinem Jugendfilm "Anton" sein Regie-Debüt. In der Thematik erinnert "Anton" an den Preisträger der Nordischen Filmtage von 1993, "Kalle und die Engel" des Norwegers Ole Bjørn Salvesen, ebenfalls eine einfühlsame Geschichte über einen Jungen, der den Unfalltod seines Vaters verkraften muß. Anton weiß, daß sein Vater nicht mit einem Flugzeug abgestürzt ist, sondern immer noch oben in den Wolken zwischen den Engeln herumfliegt. Klarer Fall für Anton: Er baut sich selbst ein Flugzeug und geht seinen Vater besuchen.
Die "Krummes" sind wieder dabei. Nach einem Jahr Pause überschlagen sich bei den diesjährigen 37. Nordischen Filmtagen wieder die turbulenten Ereignisse im Leben der schon legendären Chaos-Familie Krumme. Nach den ersten beiden Episoden 1992 und 1993 zeigt Regisseur Sven Methling mit "Die Krummes - Vaters gute Idee" nun den letzten Teil der Jugendfilm-Serie: Diesmal ziehen die Krummes in ein neues Haus und werden alsbald von den aus dem Gefängnis entlassenen Bankräubern heimgesucht...
Küssen will gelernt sein. Ihr Spielfilm "Über Storch und Stein" lief im vergangenen Jahr im Hauptprogramm der Nordischen Filmtage Lübeck und gewann den Publikumspreis der Lübecker Nachrichten. Eva Isaksens Jugendfilm "Kußtraining" , der dieses Jahr auf dem Festival zu sehen ist, geht jeden etwas an. Oder wußten Sie, wie man richtig zu küssen lernt? Mund auf Mund zu pressen, das finden die zwölfjährigen Mädchen schon etwas eklig, aber mit etwas Schutzfolie zwischen den Mündern wird die Übung erträglich. Der Kuß-Kursus endet so erfolgreich, daß die frisch Ausgebildete kurz darauf an der Tür des Jungen klingelt.
Ganz schön auf den Hund gekommen. Ihren Dackel zu Hause gelassen hat Liv Ullmann, die am Samstag als Special-Guest in der Hansestadt eintraf. Die weltbekannte Regisseurin und Schauspielerin fürchtet, daß es für den kleinen Vierbeiner, der sonst immer mit von der Partie ist, womöglich in Lübeck zu hektisch werden könnte. Dackel Ullmann verpaßt durch die Rücksichtsnahme von Frauchen allerdings einiges. Das Hotel Kaiserhof, wo Liv Ullmann absteigt, hatte eigens für den berühmten Hund einen jungen Mann engagiert, der das Gassi-gehen sowie die Animation übernehmen sollte, wenn Frauchen andersweitig beschäftigt sein sollte. Vorbild: Das nationales Filmfestival in Norwegen. Dort hatte die Residenz des Weltstarts eigens ein Stück Rasen für den Hund angelegt.
Nervenaufreibender Wettlauf gegen die Uhr. Ganz schön ins Schwitzen kommt die Technikmannschaft der Nordischen Filmtage während der vier Festivaltage im Lübecker Filmpalast Stadthalle. Die Kopien der begehrten Streifen treffen oft erst buchstäblich in allerletzter Minute ein. So erreichte der Karton mit den Filmrollen des isländischen Spielfilms Cold Fever die Hansestadt erst 15 Minuten vor Beginn der Vorstellung. Der norwegische Spielfilm Eggs.
Orkanausläufer im Kino. Michael Thiem, einer von sechs professionellen Vorführern der Nordischen Filmtage, mußte in rasender Eile seinen Technikraum im Kino verlassen. Grund: Er wurde kurzerhand zum Katastrophenschutz auf Lübecks Halbinsel Priwall abberufen. Dort hatte der Orkan über der Ostsee, der die Wassermassen in die Trave und in Lübecks Altstadt drückte, für den Zusammenbruch des Fährverkehrs gesorgt. Die Priwallianer waren so vom restlichen Lübeck abgeschnitten und konnten nicht zu den Nordischen Filmtagen kommen. Ein Trost: Dafür hatten sie wenigstens einen leibhaftigen Vorführer des Filmfestivals in Gummistiefeln in ihrer Mitte.
Gummistiefel statt Lachsbufett. Ein weiteres Opfer des Orkanhochwassers - das höchste seit 1954 - konnte nicht zum Empfang ins Rathaus kommen. Bürgermeister Michael Bouteiller, der die Begrüßungsworte vor der Schlacht am trefflich ausgestatteten Buffet (Sponsor: ein Lübecker Hotel) sprechen sollte, kam am späten Freitagabend nicht mehr aus seinem Haus in Lübecks Altstadt heraus, weil er von Wassermassen eingeschlossen war. Zwar haben die Bouteillers so gut wie jedes Jahr Hochwasser in ihrer Küche, doch kam es diesmal besonders dicke: Der Strom fiel aus, mit ihm alle Heiz- und Telefoniermöglichkeiten. Der Kühlschrank und die Gefriertruhe wurden warm - die Kaffeemaschine streikte. Im Viertel des Bürgermeisters schimmerte hinter allen Fenstern romantisches Kerzenlicht. Auf den Straßen staunten die Leute über die unerwartete Flut und seltene Gäste: Quallen, die von der 20 Kilometer entfernten Ostsee in die Innenstadt gespült worden waren.
Und sie kam doch. Mit Spannung erwartete das Publikum zur Eröffnung der Nordischen Filmtage Lübeck am 3. November die schwedische Regisseurin Susanne Bier. Lange mußten die Veranstalter darum bangen, die mehrfach ausgezeichnete Filmemacherin in der Travestadt begrüßen zu dürfen. Bis vor ein paar Wochen war sie noch schwanger. Dann die große Erleichterung: Geburt gut verlaufen, Susanne Bier kommt - mit Baby im Gepäck. Aber es sollte doch noch anders kommen. Schwere Böen mit bis zu elf Windstärken die den Norden heimsuchten und Teile der Lübecker Altstadt unter Wasser setzten, ließen der kleinen Fähre auf der Bier anreisen wollte, keine Chance, in Puttgarden anzulegen. Mehrere Versuche scheiterten, dann ging es wieder retour. Am Samstag morgen war sie dann doch plötzlich in Lübeck und vernahm, daß Annika Estassy vom Schwedischen Filminstitut bei der Eröffnung in die Bresche gesprungen war und ihren mit dem Fipresci Prize auf dem Montreal World Film Festival ausgezeichneten Film an ihrer Stelle anmoderiert hatte.+++
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