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"Ich freue mich auf Lübeck"
Ein Interview mit Per Fly, Regisseur des Eröffnungsfilms "Der Totschlag"

Per Fly

Per Fly, Regisseur des Eröffnungsfilms "Der Totschlag"
Foto: Per Morten Abrahamsen

Per Fly (45) gilt als einer der besten und erfolgreichsten Regisseure Dänemarks. Mit den ersten beiden Teilen seiner Trilogie über die dänischen Gesellschaftsklassen "Die Bank" (2000) und "Das Erbe" (2003) feierte er Publikumserfolge und gewann zahlreiche Preise auf internationalen Festivals. Der abschließende Teil "Der Totschlag" wird im November die 47. Nordischen Filmtage Lübeck eröffnen.

Herr Fly, mit welchen Gefühlen kehren Sie dieses Jahr nach Lübeck zurück?

Per Fly: Als "Die Bank" auf den Nordischen Filmtagen den Hauptpreis und den Publikumspreis gewann, war das eine große Freude für mich. Insofern verbinde ich viele positive Erinnerungen mit diesem Festival und freue mich sehr, auch in diesem Jahr nach Lübeck zu kommen.

Auch ihr zweiter Spielfilm "Das Erbe" wurde in Lübeck ausgezeichnet. Welche Rolle spielen die Filmtage für Ihre Karriere?

Per Fly: Mit "Die Bank" war ich zum ersten Mal auf einem ausländischen Festival erfolgreich. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes. Und dass sich der Erfolg mit "Das Erbe" fortgesetzt hat, war eine sehr schöne Bestätigung für mich.

Im Jahr 2001 waren Sie Vorsitzender der NDR-Jury. Was zeichnet die Nordischen Filmtage Lübeck aus Ihrer Sicht aus?

Per Fly: Dass es eines der wenigen Festivals ist, auf dem sich die Filmschaffenden des Nordens versammeln, um ihre Filme einem interessierten Publikum zu präsentieren. Und mir persönlich hat es jedes Mal sehr viel Spaß gemacht, meine dänischen Kollegen und Freunde in angenehmer Atmosphäre zu treffen.

Totschlag

Jesper Christensen und Beate Bille in "Der Totschlag"
Foto: Per Arnesen

Ihr neuer Film "Der Totschlag" hat in den dänischen Kinos auf Anhieb einen sensationellen Start hingelegt. Und das, obwohl er alles andere als ein "Feel-Good-Movie" ist. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Per Fly: Einen einfachen Grund dafür zu nennen, ist schwierig. Aber eines steht fest: Das Publikum will keine Filme, die immer nach demselben Rezept gemacht sind. Es ist durchaus bereit, sich auf Neues einzulassen. Bei allen Filmen meiner Trilogie bin ich zunächst auf Widerstand gestoßen, und das Argument lautete immer: So etwas wollen die Leute nicht sehen. Aber vor dem Hintergrund der großen Resonanz kann ich alle Verleiher und Kinos nur auffordern, es immer wieder mit Filmen zu versuchen, die auf den ersten Blick nicht einem vermeintlichem Publikumsgeschmack entsprechen.

Was zeichnet einen guten Film also aus?

Per Fly: Ich glaube, im Kino kommt es am Ende immer auf gute Geschichten an. Außerdem fühlen sich die Menschen besonders dann angesprochen, wenn sie einen starken Bezug zur Wirklichkeit hinter der Geschichte verspüren. Für meine Filme habe ich jedes Mal einen enormen Rechercheaufwand betrieben, habe zahllose Interviews geführt und schon Monate vorher begonnen, Fakten zu sammeln. Das macht eine Menge aus.

Ihre Trilogie handelt von den drei Gesellschaftsschichten in Dänemark. Warum begeistern sich auch Zuschauer im Ausland dafür?

Per Fly: Ja, das ist tatsächlich so. "Die Bank" und "Das Erbe" waren nicht nur in Deutschland erfolgreich. Sie sind gerade jetzt in Frankreich angelaufen und stoßen auch dort auf ähnliches Interesse. Ich versuche eben, universelle Geschichten zu erzählen, und sehe mich nicht in erster Linie als Sozialrealisten. Die Gegebenheiten des Alltags mögen in jedem Land verschieden sein, aber die Gefühle und Konflikte der Menschen sind immer dieselben.

In "Der Totschlag" geht es um einen Lehrer, der sich in eine junge Frau aus dem terroristischen Umfeld verliebt und für zweifelhafte Ideale sein bisheriges Leben aufgibt. Er ist nicht besonders sympathisch. Mögen Sie ihn?

Per Fly: Ich habe Verständnis für sein Handeln. Sehen Sie, die Protagonisten aller meiner Filme sind nicht besonders sympathisch. Aber es kommt auch nicht darauf an, Filmfiguren mit ausreichend Sympathie auszustatten. Entscheidend ist, daß jeder einzelne Schritt einer Figur nachvollziehbar bleibt. Im übrigen sind doch die schwierigen, nicht ganz einwandfreien Charaktere viel interessanter.

Sie planen nicht, dass eine ihrer Figuren für das Publikum liebenswert wird, die andere dagegen zum Bösewicht?

Per Fly: Filme sind wie kleine Kinder: Man weiß am Anfang nicht, wie sie später einmal aussehen werden. Obwohl man später von dem Erwachsenen denkt: Klar, daß der als Kind so aussah. Nein, so etwas plane ich nicht. In der Entwicklung eines Dramas taucht vieles erst unterwegs auf.

An welchem Projekt arbeiten Sie zur Zeit?

Per Fly: An einer Fernsehserie, die durch den japanischen Filmklassiker "Rashomon" von Akira Kurosawa inspiriert wurde. Sie handelt von den Proben an einem Theaterstück, die sechsmal aus den verschiedenen Perspektiven der Beteiligten erzählt werden - und jeder hat dabei seine eigene Wahrheit.

Worum geht es?

Per Fly: Es geht um Liebe und Verrat, aber auch um eine schwierige Vater-Tochter-Beziehung. Die Dreharbeiten beginnen im April.


Interview: Florian Vollmers

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